Fliegen mit Handicap:
Flugtipps für Menschen mit Behinderung oder Krankheit
Fliegen gehört zum Alltag – im vergangenen Jahr wurden von Deutschlands Flughäfen rund 222,3 Millionen Passagiere befördert. Flugzeuge sind immerhin das schnellste und gleichzeitig ein bequemes Transportmittel für Urlaubs- oder Geschäftsreisen und auch die Flugpreise sind dank Billigairlines und Spartickets äußerst erschwinglich. Was so einfach klingt, ist für viele Menschen eine große Herausforderung: Der Gang ins Flugzeug ist für Passagiere mit Flugangst oder Übergewicht sowie für Fluggäste mit Behinderung keine leichte Aufgabe. Insbesondere Menschen mit eingeschränkter Mobilität haben beim Fliegen oftmals mit einigen Hürden zu kämpfen. Unsere Flugtipps für Menschen mit Behinderung oder Krankheit sollen das Fliegen mit Handicap leichter und entspannter machen.
Inhaltsverzeichnis
Beförderungspflicht und Hilfestellung von Fluggesellschaften
Viele Menschen mit Handicap scheuen sich vor dem Fliegen, da sie befürchten, sowohl am Flughafen als auch an Bord des Flugzeuges nicht allein klarzukommen oder im schlimmsten Fall von der Fluggesellschaft abgewiesen zu werden. Das ist Unsinn!
Grundsätzlich gilt für Fluggäste mit Handicap – dazu gehören Passagiere mit eingeschränkter Mobilität, Behinderung oder Krankheit – laut EU-Verordnung eine Beförderungspflicht auf Flügen innerhalb der EU. Gleichzeitig sind Mitarbeiter von Fluggesellschaften verpflichtet, Fluggäste mit eingeschränkter Mobilität und Behinderung vom Check-in bis zur Ankunft zu unterstützen. In besonders schweren Fällen ist sogar eine Betreuung vom Eingang des Abflughafens bis zum Ausgang des Zielflughafens durch ausgebildetes Service-Personal erforderlich. Natürlich dürfen Airlines für die Hilfestellung keine Gebühren berechnen – vorausgesetzt, es erfolgte eine Anmeldung bis 48 Stunden vor Abflug bei der Fluggesellschaft und der Passagier befindet sich rechtzeitig bis zu 3 Stunden vor Abflug am Flughafen.
Ausnahmen bei der Beförderungspflicht gelten bei Personen, die ein Sicherheitsrisiko für die anderen Passagiere darstellen sowie bei fettleibigen Menschen, bei denen die Beförderung in die Flugkabine zum Problem wird.
Unser Tipp: Wurden Sie trotz Behinderung oder Krankheit aus unerklärlichen Gründen von der Fluggesellschaft abgewiesen oder kennen Sie eine Person, der das passiert ist? Informieren Sie sich über Ihre Fluggastrechte und machen Sie eventuelle Ansprüche bei der Airline geltend.
Fliegen mit Rollstuhl und anderen Gehhilfen
Die Mitnahme von Koffern und Handgepäck sorgt bei zahlreichen Fluggästen für unnötigen Stress. Einerseits will niemand Gebühren für Übergepäck bezahlen, zudem ist es anstrengend Koffer, Taschen und Handgepäck am Flughafen zu transportieren oder in der Kabine unterzubringen. Was sollen Fluggäste mit Rollstuhl, Rollator oder anderen Gehhilfen erst sagen?
Erfreulicherweise können Reisende mit eingeschränkter Mobilität ihre Gehilfen kostenfrei mit dem Gepäck aufgeben. Probleme könnte es bei Rollstühlen mit Akku geben, da in der Vergangenheit mehrfach Akkus von Mobiltelefonen oder anderen elektronischen Geräten im Flugzeug explodiert sind oder Feuer fingen. Daher sollten sich Betroffene vor der Flugreise an die Airline wenden und sich nach den Sicherheitsvorschriften erkundigen.
Am Flughafen werden Passagiere mit eingeschränkter Mobilität kostenfrei vom Flughafenpersonal mit Rollstühlen oder speziellen Fahrzeugen zum Gate gebracht und bis zum Sitzplatz im Flugzeug begleitet. Nicht immer dürfen oder werden Rollstühle in der Kabine mitgeführt, insbesondere auf Kurz- und Mittelstreckenflügen kann es vorkommen, dass Passagiere mit Behinderung während des Fluges nicht den Sitz verlassen können.
Unser Tipp: Sind Sie auf eine Mobilitätshilfe angewiesen, besitzen Sie einen Rollstuhl mit Akku oder fliegen Sie ohne Begleitung? Nehmen Sie frühzeitig Kontakt mit Ihrer Fluggesellschaft auf und erkundigen Sie sich über die Mitnahme von Gehhilfen und Rollstühlen (mit oder ohne Akku).
Fliegen mit Assistenz- oder Blindenhunden
Wer beim Fliegen ein mulmiges Gefühl im Bauch oder panische Angst hat, meidet häufig den Platz am Fenster oder zieht die Blende runter, um keinen Blick nach draußen zu riskieren. Fluggäste mit Sehbehinderung können die Welt meist nicht mehr sehen, zu ihrer Hilfe haben sie oft Blindenhunde dabei.
Dafür dürfen Blindenhunde mit Frauchen oder Herrchen kostenlos in der Kabine mitfliegen und das ohne Transportbox. Auch die Größe des Hundes spielt keine Rolle – vorausgesetzt, er hat ausreichend Platz. Gleiches gilt für Assistenzhunde, die bei Erkrankungen wie Epilepsie oder Diabetes eingesetzt werden. Allerdings sollten Fluggäste, die mit einem Assistenzhund verreisen, einen entsprechenden Nachweis mitführen, dass der Hund benötigt wird. Auch die Mitnahme des EU-Heimtierausweises und des Hunde-Impfpasses ist auf Flugreisen erforderlich.
Unser Tipp: Reisen Sie als Passagier mit Sehbehinderung oder anderer Erkrankung mit einem Assistenz- oder Blindenhund? Melden Sie Ihren Vierbeiner bei Flugbuchung bei der Airline an, da viele Fluggesellschaften aufgrund von Platzmangel nur eine bestimmte Anzahl an Hunden in der Kabine zulassen.
Fliegen mit Implantaten oder Prothesen
Jeder Fluggast ist froh, wenn er die Sicherheitskontrollen am Flughafen durchlaufen hat – ohne, dass der vergessene Schlüssel oder das Kleingeld in den Hosentaschen das schrille Piepsen des Metalldetektors ausgelöst haben. Wie stressig mag der Sicherheitscheck am Flughafen für Fluggäste mit Implantaten oder Prothesen sein?
Natürlich müssen Passagiere mit Implantaten und Prothesen, die aus größeren Metallteilen bestehen, bei den Sicherheitskontrollen damit rechnen, dass der Metalldetektor anspringt. Da die Geräte jedoch bei vielen Passagieren anspringen, braucht sich niemand Gedanken zu machen, dass alle glauben, es befinden sich gefährliche Gegenstände in der Tasche. Allerdings können die Metalldetektoren und Handgeräte zu Störungen der Implantate und Prothesen führen, die häufig mit einer empfindlichen Elektronik ausgestattet sind. Daher sollten Fluggäste mit Implantaten – vor allem mit Herzschrittmachern – sich lieber vom Sicherheitspersonal abtasten lassen, anstatt durch den Metalldetektor zu gehen.
Unser Tipp: Fliegen Sie mit Implantaten, Prothesen, Hörgeräten oder Herzschrittmachern? Lassen Sie sich von Ihrem Arzt einen Implantat- oder Prothesenpass ausstellen, den Sie bei Reisen immer mit sich führen und dem Personal beim Sicherheitscheck vorlegen können.
Fliegen mit Sauerstoffflasche
Der Luftdruck in der Flugzeugkabine ist niedriger und die Luft dementsprechend dünner, was jedoch die meisten Menschen kaum wahrnehmen, eine Ausnahme sind Flugreisende mit Atemwegserkrankungen.
Es gibt verschiedene Erkrankungen der Atemwege, bei denen die Patienten ständig Sauerstoff mit sich führen müssen. Die Mitnahme von Sauerstoff auf Flugreisen gestaltet sich allerdings problematischer als bei anderen Handicaps. Aus Sicherheitsgründen ist flüssiger Sauerstoff an Bord nicht erlaubt und auch bei den Druckflaschen und Akkus gibt es spezielle Bestimmungen, die sich von Airline zu Airline unterscheiden können.
Unser Tipp: Leiden Sie unter einer Atemwegserkrankung und benötigen Sie zusätzlichen Sauerstoff auf dem Flug? Nehmen Sie im Vorfeld Kontakt zur Airline auf, möglicherweise wird von Ihnen eine Flugtauglichkeitsbescheinigung verlangt.
Fliegen mit anderen Handicaps
Nicht nur das Fliegen mit Behinderung oder Krankheit erfordert eine gewisse Vorbereitung für die Betroffenen – es gibt auch andere Situationen, in denen das Fliegen gar nicht erlaubt ist oder Sie mit Einschränkungen rechnen müssen.
- Fliegen nach einer Operation
Meist ist das Fliegen nach einer Operation kein Problem, es kommt auf die Art der OP, den Heilungsverlauf und die Länge des Fluges an. Jedoch dürfen Personen kurz nach einer Operation im Nasen-, Kopf-, Brust- oder Bauchbereich nicht ins Flugzeug steigen. Auch nach Magen- und Darmspiegelungen oder OPs im Leistenbereich sollten Patienten für ein paar Tage oder Wochen am Boden bleiben. Wie lange genau ein Flugverbot nach Operationen droht und welche OPs die Flugfähigkeit nicht beeinträchtigen, kann Ihnen nur der behandelnde Arzt sagen.
- Fliegen in der Schwangerschaft
Die Bestimmungen für das Fliegen in der Schwangerschaft sind von Airline zu Airline verschieden. Bei einigen Fluggesellschaften dürfen werdende Mütter bis zur 36. Schwangerschaftswoche mitfliegen, bei anderen Airlines nur bis zur 32. Woche. Was viele nicht wissen: Das Fliegen ist für das ungeborene Kind nicht ganz ungefährlich. Speziell die ersten Wochen der Schwangerschaft gelten als besonders „sensibel“, da sich der Embryo in der Entwicklungsphase befindet. Das enge Sitzen und der lange Flug bedeuten Stress für die werdende Mutter und auch das Risiko einer Thrombose ist deutlich höher. Zusätzlich ist die Höhenstrahlung im Flugzeug belastend für das Ungeborene, sodass schwangere Frauen eine (lange) Flugreise am besten mit Ihrer/m Gynäkologin/Gynäkologen und natürlich zusammen mit dem werdenden Vater besprechen sollten.
- Fliegen nach einem Tauchgang
Die wenigsten denken wohl an ein Flugverbot nach dem Tauchgang – was soll da schon passieren? Eine ganze Menge KANN passieren. Beim Tauchen lagert sich Stickstoff im Körpergewebe an, das an Land über die Blutbahn in die Lunge transportiert wird, damit die Atmung funktioniert. Durch zu schnelles Auftauchen oder eben durch einen Flug nach einem Tauchgang können sich durch den Stickstoff im Blut Blasen bilden – medizinisch wird von der Taucher- und Dekompressionskrankheit gesprochen, die in besonders schlimmen Fällen zum Herzstillstand führen kann. Zusätzlich sind Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Gelenkschmerzen und Hautverfärbung keine Seltenheit, sodass es sicherer ist, mindestens 36 Stunden nach einem Tauchgang nicht zu fliegen.
- Fliegen mit schweren oder ansteckenden Krankheiten
Bei bestimmten Erkrankungen wie einem kürzlich erlittenen Schlaganfall, schweren Herz- oder Lungenerkrankungen oder starker Blutarmut ist das Fliegen laut Beförderungsbedingungen von Fluggesellschaften verboten. Zudem dürfen Personen mit ansteckenden Krankheiten wie Masern oder Windpocken kein Flugzeug betreten.
Mitnahme von Medikamenten auf Flugreisen
Nicht nur Menschen mit Behinderung benötigen Medikamente auf Reisen, auch Personen mit alltäglichen Krankheiten wie Diabetes führen häufig Insulinspritzen mit sich. Fluggäste, die Spritzen oder andere Geräte zur medizinischen Versorgung an Bord mitnehmen müssen, sollten ein ärztliches Attest in deutscher und englischer Sprache bei sich führen und nur so viele Medikamente einpacken, wie für den Eigengebrauch auf der Reise benötigt werden.
Unser Fazit: Entspannt bleiben und entspannt fliegen mit Handicap
Auch wenn im ersten Moment für viele Menschen das Fliegen mit Handicap als fast unmöglich erscheint, sollte niemand auf den Komfort des Fliegens verzichten. Egal ob Menschen mit Behinderung oder Krankheit, schwangere Frauen oder Personen mit alltäglichen Wehwehchen – mit unseren Tipps, der Unterstützung von Fluggesellschaften und der Hilfe von Mitmenschen kommen alle entspannt an ihr Reiseziel.