Die wichtigsten Fluggastrechte im Überblick
- Datum
- Montag, 6. Juni 2016
Verspätungen, Überbuchungen oder Komplettausfälle: es gibt viele Gründe, die eine Flugreise erschweren. Fluggäste haben jedoch klar geregelte Rechte und Entschädigungsansprüche. Welche genau das sind, haben wir im Gespräch mit dem Fluggasthelfer EUclaim.de erfahren können.
Entschädigungen bis zu 600 Euro
Erreicht das Flugzeug den Zielflughafen mehr als drei Stunden zu spät, besteht Anspruch auf eine Entschädigung im Wert zwischen 250 und 600 Euro. Voraussetzung: die Fluggesellschaft muss für die Verspätung verantwortlich sein. Als Ankunftszeitpunkt zählt das Öffnen von mindestens einer Tür des Fliegers. Der Entschädigungsanspruch kann bis zu drei Jahre rückwirkend geltend gemacht werden. Die Höhe der Kompensation pro Passagier hängt von der Flugstrecke ab und ist unabhängig vom Flugpreis. „Seit 2005 regelt die EU-Fluggastrechte-Verordnung die Höhe der Entschädigung“, erklärt Hendrik Noorderhaven, Flugrechtsexperte von EUclaim. „Trotzdem ignorieren Airlines etwa 80 Prozent der Passagier-Ansprüche.“
Bei Verspätungen über drei Stunden oder gestrichenen Flügen besteht für Passagiere außerdem Anspruch auf eine angemessene Betreuungsleistung. Dazu gehören zum Beispiel kostenlose Erfrischungen und Snacks. Wenn die Maschine erst am nächsten Tag starten kann, muss die Fluggesellschaft für die Unterbringung im Hotel zahlen sowie zwei Telefonate oder E-Mails ermöglichen.
Achtung bei einer Überbuchung eines Flugs
Wird der Flug komplett annulliert, haben Flugreisende das Recht, auf eine alternative Beförderungsmöglichkeit zu bestehen oder sich den Flugpreis erstatten zu lassen. Die Airline muss die Fluggäste sofort über den Ausfall informieren. Erhalten die Reisenden keine Ersatzbeförderung – etwa mit einem anderen Flieger oder mit der Bahn – haben sie Anspruch auf Entschädigung bis zu 600 Euro. Dies gilt auch hier drei Jahre rückwirkend.
Erfolgt eine Nichtbeförderung infolge einer Überbuchung des Flugzeugs, eröffnet das Fluggastrecht mehrere Möglichkeiten. In diesem Fall sollten Fluggäste nur dann von der Buchung zurücktreten, wenn die Fluggesellschaft ein akzeptables Ersatzangebot vorlegt. Verzichtet bei einer Überbuchung kein Passagier freiwillig auf seinen Platz, wird die entsprechende Zahl an Flugreisenden nicht befördert. Kommt es zu einer Nichtbeförderung, entsteht automatisch ein Anspruch auf eine alternative Beförderungsmöglichkeit. Hinzu kommt, dass die Airline ihre Gäste in diesem Fall angemessen betreuen und eine Ausgleichszahlung leisten muss. Keine Entschädigungsansprüche gelten, wenn ein Passagier ein erhöhtes Sicherheitsrisiko darstellt, deutliche gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen oder wichtige Dokumente wie ein Visum fehlen.
Diskussionspunkt „außergewöhnliche Umstände“
Diskussionsbedarf besteht bei sogenannten außergewöhnlichen Umständen. Dazu zählen zum Beispiel Pilotenstreiks, extreme Wetterbedingungen oder Terrorgefahr. Sind außergewöhnliche Umstände der Grund für eine Flugverspätung oder einen Flugausfall, sind Airlines nicht zur Ausgleichszahlung verpflichtet. Als Problem erweist sich, dass exakt diese Umstände nicht gesetzlich geregelt sind. Ein Beispiel für einen außergewöhnlichen Umstand ist schlechtes Wetter, auf das die Fluggesellschaft natürlich keinen Einfluss hat. Tritt dieser Fall ein, ist die Airline zur Betreuung und der Unterstützung bei der Suche nach einer Option zur Weiterreise verpflichtet. Ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung besteht jedoch nicht. War die Maschine hingegen nicht ausreichend auf die erwarteten Witterungsbedingungen vorbereitet, ist die Fluglinie verantwortlich und muss die Passagiere entschädigen.
Im Zweifelsfall juristischen Rat suchen
Sind sich Flugreisende nicht der Gründe für eine Verspätung oder Annullierung eines Flugs bewusst, ist es sinnvoll, vorsorglich eine Ausgleichszahlung einzufordern. Versucht die Airline, sich herauszureden, ist eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls empfehlenswert. Im Zweifelsfall ist die Fluggesellschaft verpflichtet, gerichtlich nachzuweisen, dass sie nicht für die Annullierung oder Verspätung verantwortlich ist.
Kostenfreie Unterstützung durch die Schlichtungsstelle
Zahlt die Airline trotz eingereichter Forderungen nicht an ihre Passagiere, stehen Fluggästen mehrere Möglichkeiten offen. Eine Option ist die Kontaktaufnahme zur Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, die einen kostenfreien Service zur Verfügung stellt. Diese von der Europäischen Kommission sowie Bundesregierung anerkannte Vereinigung ist ein Ansprechpartner, der in vielen Fällen eine einvernehmliche Lösung findet. Eine Voraussetzung für die Unterstützung der Schlichtungsstelle ist jedoch, dass Passagiere im Vorfeld versucht haben, das Problem mit dem Flugunternehmen zu beheben. Die Schlichtungsstelle ist einzig für Privatpersonen zugänglich.
Kommerzielle Anbieter arbeiten auf Provisionsbasis
Eine Alternative zur Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr ist ein kommerzieller Dienstleister, der sich für eine Entschädigung seiner Kunden einsetzt. Nach entsprechender Prüfung übernehmen Unternehmen, wie EUclaim den Fall und setzen den Anspruch gegebenenfalls gerichtlich durch. Nur bei erfolgreicher Durchsetzung einer Entschädigung behalten die Anbieter etwa 25 bis 30 Prozent der erstrittenen Summe ein.
Der Verlustfall des Gepäcks ist umfassend geregelt
Ein weiterer Streitpunkt ist der Verlust des Gepäcks. Fakt ist, dass eine Airline nicht für den Verlust des Handgepäcks verantwortlich ist. Entschädigungen für den Verlust des aufgegebenen Gepäcks regelt das Montrealer Abkommen. Diese Regelung besagt, dass Fluggäste einen Anspruch auf bis zu 1.270 Euro haben. Wichtig ist es, den Verlust des Gepäcks sofort bei der Gepäckermittlung des Flughafens zu melden. Um die Kosten der Entschädigung zu berechnen, sind Passagiere verpflichtet, einen Nachweis über die beschädigten oder verlorenen Gegenstände zu erbringen. Der Schaden richtet sich danach, was die Gegenstände zum Zeitpunkt der Reise wert gewesen sind. Trifft das Gepäck verspätet ein, dürfen sich Flugreisende die wichtigsten Gegenstände kaufen und von dem Flugunternehmen eine Erstattung einfordern. In diesem Fall ist es besonders wichtig, alle Kaufbelege aufzubewahren. Einige Airlines geben Tagessätze vor, andere stellen eine Grundausstattung bereit.
Mehr zum Fluggastrecht finden Sie im Flüge.de Ratgeber.
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